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U9263
01.01.1974
CIVITAS Stadtpostkarten - Lothar Baumgarten
Unbuilt Roads
  • Einige Überlegungen zur Emblematik von Ansichtskarten. Abgebildete Sehenswürdigkeiten gelangen auf Ansichtskarten durch die häufig gewählte Zentralperspektive in die Nähe ausgestellter Backwaren. Die siegelhaft stilisierte Heraldik, eines immer wiede ...

    Einige Überlegungen zur Emblematik von Ansichtskarten. Abgebildete Sehenswürdigkeiten gelangen auf Ansichtskarten durch die häufig gewählte Zentralperspektive in die Nähe ausgestellter Backwaren. Die siegelhaft stilisierte Heraldik, eines immer wieder zur Anwendung gebrachten geometrischen Prinzips macht sie austauschbar. Auf solche Weise sehen sie sich alle ähnlich und lenken durch laute Farbe und Sonntagsstimmung vom Eigentlichen ab. Sie glorifizieren und uberhohen ihren Gegenstand zum Spritzgebäck. Durch Retusche wird dem Reproduzierten die Makellosigkeit des Modells zurückverliehen, die es uns in die Welt des Unantastbaren und Phantastischen erhebt. Mögliche, interessante architektonische Details werden so vom 'Zuckerguß' erstickt und unsichtbar. Das Spezifische eines Gebäudes, eines Ortes, einer urbanen Situation bleiben zu oft auf der Strecke. Passanten machen im Bild häufig die Figur der unerwunschten Person oder sie gefrieren auf diesen Postkarten zur Groteske einer Bewegungsstudie, die uns mehr an fliehendes Federvieh erinnert, denn an die Schilderung eines Ortes und seiner Menschen. Auf diesen Postkarten vermittelt sich nur selten der Moment von Beobachtung, noch eine Kenntnis des Photographierten. Rückseitige lnformationen sind entsprechend, inhaltlich wie orthographisch zwingen sie häufig zum Raten, ganzabgesehen von ihren abenteuerlichen typographischen Lösungen.

    Die andere Sicht auf einen Ort ist nicht die einzige Oberlegung bei den Ansichtskarten des Projekts 'Civitas '. Diese neuen Ansichtskarten sollten uber die gleichen, groBen Verleger an die ihnen i.iblichen Verkaufsorte und dort in die dafUr vorgesehenen Postkartenstander gelangen. Es geht bei diesem Projekt um die massenhafte Streuung der neuen Ansichtskarten. Sie sollten im Besonderen an vom Tourismus frequentierten Orten zu haben sein. Dort haben sie ihren Platz zwischen den i.iblichen Ansichtskarten. Dies ist notwendig um ihnen den artifiziellen Charakter der Kunstpostkarte zu nehmen. Es ist ein wesentlicher Punkt dieses Projekts. Das Konzept von ' Civitas' ist als sogenannter Langlaufer gedacht. Die Karten sollten uber einen Zeitraum von einigen Jahren regelmaBig am gleichen Ort erhaltlich sein. Durch diese langer andauernde Verfügbarkeit werden sie auch rückwirkend die Rezeption jener Orte mitprägen. Es sind Ansichtskarten im Standardformat in Schwarz I WeiB oder Color, mit oder ohne Rand. Sie tragen kurze, komprimierte lnformationen, unterscheiden sich aber in ihrer sachlich, typographischen Struktur vom üblichen Angebot.

    Das Motiv, ihr Antlitz ist das Spezifische einer Stadt; Architektur, Museum, Park, Verkehr, Kanai, Brucke, lndustrie, Kuche, ihre Bewohner, die StraBe, aufgenommen innen wie außen, am Tage wie zur Nacht. Diesen Ansichtskarten muß eine neue Anschauung und Kenntnis vor Ort spezifisch sein. Nur eine solche Qualität beobachtender Kenntnis wurde ihnen die Aura verleihen, die sie im Vergleich mit den üblicherweise zu erwartenden Karten überlebensfähig machen. Es geht um Ansichtskarten, die ihren Ort, ihr Subjekt zum Sprechen bringen oder durch Abstraktion gedanklich einen Raum schaffen. Es geht um die Tageszeit, das Licht der Stunde ihrer Aufnahme und die Notwendigkeit, das erlebbar zu machen. Postkarten also, in denen auch die Bewohner eines jeweiligen Ortes ihren täglichen Weg und Blick auf die Gasse, den Platz, Turm, Garten, die Brücke und das diesen Orten eigene Licht sowie jahreszeitlich wechselnden Farben wiederfinden. Es geht um Karten, die durch den gewahlten Winkel und Blick auf ihren Gegenstand mehr über ihn sagen oder von ihm zeigen als die bloße Abbildung es vermag. lch spreche von Bildern, die Kontexte und lkonographie, die die Geschichte von Maß und Farbe, die des Materials, der Geste, des Kostüms, der Struktur und Oberfläche einer Sache konotieren. lch spreche von Ansichtskarten, die den Betrachter über die Kraft der Imagination für einen Ort öffnen, oder ihn für uns aus der Entfernung wieder entstehen lassen.

    Einige Überlegungen zur Emblematik von Ansichtskarten. Abgebildete Sehenswürdigkeiten gelangen auf Ansichtskarten durch die häufig gewählte Zentralperspektive in die Nähe ausgestellter Backwaren. Die siegelhaft stilisierte Heraldik, eines immer wiede ...

    Einige Überlegungen zur Emblematik von Ansichtskarten. Abgebildete Sehenswürdigkeiten gelangen auf Ansichtskarten durch die häufig gewählte Zentralperspektive in die Nähe ausgestellter Backwaren. Die siegelhaft stilisierte Heraldik, eines immer wieder zur Anwendung gebrachten geometrischen Prinzips macht sie austauschbar. Auf solche Weise sehen sie sich alle ähnlich und lenken durch laute Farbe und Sonntagsstimmung vom Eigentlichen ab. Sie glorifizieren und uberhohen ihren Gegenstand zum Spritzgebäck. Durch Retusche wird dem Reproduzierten die Makellosigkeit des Modells zurückverliehen, die es uns in die Welt des Unantastbaren und Phantastischen erhebt. Mögliche, interessante architektonische Details werden so vom 'Zuckerguß' erstickt und unsichtbar. Das Spezifische eines Gebäudes, eines Ortes, einer urbanen Situation bleiben zu oft auf der Strecke. Passanten machen im Bild häufig die Figur der unerwunschten Person oder sie gefrieren auf diesen Postkarten zur Groteske einer Bewegungsstudie, die uns mehr an fliehendes Federvieh erinnert, denn an die Schilderung eines Ortes und seiner Menschen. Auf diesen Postkarten vermittelt sich nur selten der Moment von Beobachtung, noch eine Kenntnis des Photographierten. Rückseitige lnformationen sind entsprechend, inhaltlich wie orthographisch zwingen sie häufig zum Raten, ganzabgesehen von ihren abenteuerlichen typographischen Lösungen.

    Die andere Sicht auf einen Ort ist nicht die einzige Oberlegung bei den Ansichtskarten des Projekts 'Civitas '. Diese neuen Ansichtskarten sollten uber die gleichen, groBen Verleger an die ihnen i.iblichen Verkaufsorte und dort in die dafUr vorgesehenen Postkartenstander gelangen. Es geht bei diesem Projekt um die massenhafte Streuung der neuen Ansichtskarten. Sie sollten im Besonderen an vom Tourismus frequentierten Orten zu haben sein. Dort haben sie ihren Platz zwischen den i.iblichen Ansichtskarten. Dies ist notwendig um ihnen den artifiziellen Charakter der Kunstpostkarte zu nehmen. Es ist ein wesentlicher Punkt dieses Projekts. Das Konzept von ' Civitas' ist als sogenannter Langlaufer gedacht. Die Karten sollten uber einen Zeitraum von einigen Jahren regelmaBig am gleichen Ort erhaltlich sein. Durch diese langer andauernde Verfügbarkeit werden sie auch rückwirkend die Rezeption jener Orte mitprägen. Es sind Ansichtskarten im Standardformat in Schwarz I WeiB oder Color, mit oder ohne Rand. Sie tragen kurze, komprimierte lnformationen, unterscheiden sich aber in ihrer sachlich, typographischen Struktur vom üblichen Angebot.

    Das Motiv, ihr Antlitz ist das Spezifische einer Stadt; Architektur, Museum, Park, Verkehr, Kanai, Brucke, lndustrie, Kuche, ihre Bewohner, die StraBe, aufgenommen innen wie außen, am Tage wie zur Nacht. Diesen Ansichtskarten muß eine neue Anschauung und Kenntnis vor Ort spezifisch sein. Nur eine solche Qualität beobachtender Kenntnis wurde ihnen die Aura verleihen, die sie im Vergleich mit den üblicherweise zu erwartenden Karten überlebensfähig machen. Es geht um Ansichtskarten, die ihren Ort, ihr Subjekt zum Sprechen bringen oder durch Abstraktion gedanklich einen Raum schaffen. Es geht um die Tageszeit, das Licht der Stunde ihrer Aufnahme und die Notwendigkeit, das erlebbar zu machen. Postkarten also, in denen auch die Bewohner eines jeweiligen Ortes ihren täglichen Weg und Blick auf die Gasse, den Platz, Turm, Garten, die Brücke und das diesen Orten eigene Licht sowie jahreszeitlich wechselnden Farben wiederfinden. Es geht um Karten, die durch den gewahlten Winkel und Blick auf ihren Gegenstand mehr über ihn sagen oder von ihm zeigen als die bloße Abbildung es vermag. lch spreche von Bildern, die Kontexte und lkonographie, die die Geschichte von Maß und Farbe, die des Materials, der Geste, des Kostüms, der Struktur und Oberfläche einer Sache konotieren. lch spreche von Ansichtskarten, die den Betrachter über die Kraft der Imagination für einen Ort öffnen, oder ihn für uns aus der Entfernung wieder entstehen lassen.